In letzter Zeit ist mir immer mehr aufgefallen, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter*innen-Traumata in Stellenanzeigen offenlegen und verarbeiten. Wenn Bewerber*innen richtig hingucken, können sie sehen, was im Unternehmen schiefgelaufen ist und warum die letzte Mitarbeiter*in das Unternehmen verlassen hat. Außerdem verrate ich in diesem Artikel, was Unternehmen tun können, damit die nächste Mitarbeiter*in besser passt.
An welchem Punkt in der Stellenanzeige sieht man, was falsch läuft?
Die Traumata in der Stellenanzeige werden in den letzten Punkten des „Ihr Profil-Abschnitts“ sichtlich erkennbar. Um dies zu verdeutlichen, finden sie hier Beispiele von echten Stellenanzeigen. Diese beinhalten den Titel sowie den Punkt, anhand dessen man das Trauma erkennen und was man herauslesen kann.
Beispiele aus dem echten Leben
Beispiel #1
Stellentitel: Sales Manager*inProfil-Punkt: “Sie haben eine Lösung vor Auge, die Kundenzufriedenheit ist ihr Antrieb und ihr Anspruch!”
Interpretation: Dieser Punkt ist der Einzige, der mit einem Ausrufezeichen versehen und am stärksten formuliert wurde. Hier gab es anscheinend zuvor Sales Manager*innen denen der Umsatz wichtiger war als die Kundenzufriedenheit.
Jedoch wird in der restlichen Stellenanzeige nach einer aggressiven Sales Manager*in gesucht:
“Ihnen liegt der Kontakt zu Kunden und Interessenten im Blut! Sie sind immer auf der Jagd nach neuen Opportunities”.
Dieses Unternehmen sollte sich fragen, was genau gewünscht ist; entweder jemand der auf der “immer auf der Jagd nach neuen Opportunities” ist oder jemand dem die Kundenzufriedenheit wichtig ist #Wollmilchsau. Wenn die Antwort beides ist, dann vielleicht eher zwei Stellen ausschreiben.
Beispiel #2
Stellentitel: Entwickler:inProfil-Punkt: “Teamplayer; proaktive, impulsgebende und vernetzende Persönlichkeit”.
Interpretation: Wenn in einer Stellenanzeige Punkte doppelt und dreifach erwähnt werden, sollte man ganz genau hingucken. Hier geschieht das ganze sogar in einem Punkt: “Teamplayer, … und vernetzende Persönlichkeit”. Die Punkte sind zwar nicht identisch, drücken aber etwas sehr ähnliches aus. Hier kann man annehmen, dass die Person die die Stelle zuvor besetzte, diese Eigenschaften nicht hatte und eher ein Eigenbrötler war. Mit der doppelt Nennung soll auf jeden Fall verhindert werden, dass nochmals die falsche Person einstellt wird und diese sich erst gar nicht bewirbt.
Beispiel #3
Stellentitel: Teamleiter Netzwerk und InfrastrukturProfil-Punkt: „Durchsetzungsvermögen, Teamfähigkeit sowie soziale und interkulturelle Kompetenz“
Interpretation: Paradoxe Wörter sollte einem ins Auge fallen und auch die Reihenfolge, in der sie genannt werden. In dieser Anzeige ist anscheinend das „Durchsetzungsvermögen“ wichtiger als die „Teamfähigkeit“. Diese Begriffe schließen sich nicht kategorisch aus, lassen jedoch vermuten, dass eine ähnliche Situation stattgefunden hat:
Die Personaler*in will die Stelle neu ausschreiben und fragt das Top-Management sowie das Team, was die vorherige Person nicht richtig gemacht hatte.
Aus dem Paradoxon im Stellenprofil ist es also möglich, Dynamiken im Unternehmen zu erkennen.
Take-Aways für Bewerber*innen
In jedem Fall sollte Stellenanzeigen genau gelesen werden. Gibt es Warnzeichen? Wenn es Warnzeichen gibt, kann man damit unterschiedlich umgehen:
Take-Aways für Unternehmen
Unternehmen sollten vor allem auf zwei Dinge achten; erstens, dass sie nicht von einem extrem ins andere rutschen und zweitens nicht die eierlegende Wollmilchsau ausschreiben (Programmierer*in, die gleichzeitig Teammanager*in ist und den Firmenblog führt). Um das zu vermeiden, sollte eine schnelle Fehleranalyse durchgeführt werden.
Anhand der Analyse sollte unbedingt die alte Stellenanzeige angepasst werden und jedem Beteiligten im Rekrutierungsprozess klar sein, auf was geachtet werden sollte. Sollte die Position trotzdem die eierlegende Wollmilchsau sein, sollte man sich überlegen, ob man hier nicht zwei Stellen in eine mischt. Als Lösung kann man zwei Halbtagsstellen mit jeweils 20 Stunden besetzten.